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Anonymisierte Bewerbung

Eine Studie des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) stellte im Jahr 2016 fest, dass Bewerberinnen, deren Name türkisch klingt und die noch dazu auf ihrem Bewerbungsfoto ein Kopftuch tragen, mehr als viermal so viele Bewerbungen verschicken müssen wie Frauen mit deutschem Namen und ohne Kopftuch – und das bei gleicher Qualifikation. Wie die anonymisierte Bewerbung sich im Kampf gegen die Diskriminierung schlägt, erfahren Sie in folgendem Artikel. – Laura Gosemann

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schreibt fest, dass gegen Diskriminierung bei der Jobsuche etwa durch Schadensersatzforderungen vorgegangen werden kann. Dies hilft in der Praxis jedoch nur wenig. Die Bewerber müssen die Benachteiligung nämlich durch handfeste Indizien beweisen. Arbeitgeber weigern sich jedoch meist, die Ablehnung zu begründen, oder geben stattdessen alternative Erklärungen für diese ab.

Welche Vorteile bietet eine anonyme Bewerbung?

Um auf anderem Wege Diskriminierung bei der Jobsuche zu verhindern, wurde bereits vor einigen Jahren das anonymisierte Bewerbungsverfahren ins Leben gerufen. Dabei werden alle personenbezogenen Angaben, das heißt der Name, die Nationalität, Alter und Geschlecht, die Religion sowie die Adresse im Lebenslauf weggelassen.
Seit dem Pilotprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) im Jahr 2010 existiert zudem ein Online-Programm, welches die anonymisierte Bewerbung für diejenigen Firmen erleichtert, die dieses Verfahren beibehalten haben. Dabei müssen die Stelleninteressierten lediglich ihre E-Mail-Adresse angeben, welche in eine Bewerbernummer umgewandelt wird, damit das Unternehmen keine Rückschlüsse auf Namen oder Herkunft ziehen kann, sowie gezielt Fragen zu ihren Qualifikationen beantworten.

Mit diesem Verfahren bieten sich nicht nur größere Chancen für Migranten, die Unternehmen sparen zugleich viel Zeit, da sie die Bewerber gezielt nach ihrem Können beurteilen, statt diverse unterschiedliche Lebensläufe durchgehen zu müssen.

Wenngleich die ADS von dieser Methode überzeugt ist – sie ist sowohl fairer für die Bewerber als auch effizienter für die Arbeitgeber – sind viele Unternehmen, die 2010 an dem Pilotprojekt teilgenommen haben, wieder zum standardtypischen Bewerbungsverfahren übergegangen, unter anderem die Deutsche Post, die Deutsche Telekom sowie der Gutscheinanbieter Mydays.

Welche Kritik erfährt das anonymisierte Bewerbungsverfahren?

Anonyme Bewerbungen scheinen in der Praxis weniger Erfolg versprechend zu sein als vermutet. So wurde in Schweden bereits im Jahr 2007 geprüft, ob sich hieraus ein anderes Einstellungsverhalten ergibt. Zwar wurden tatsächlich deutlich mehr Bewerber mit Migrationshintergrund zum Gespräch eingeladen, an der Zahl der Einstellungen änderte sich jedoch nichts. Lediglich eine leichte Zunahme der Frauenquote war zu verzeichnen. Auch Erprobungen in anderen Ländern, wie Großbritannien und der Schweiz, zeigten keine nennenswerten Verbesserungen.

Des Weiteren wird an anonymen Bewerbungen kritisiert, dass sie nicht zeitgemäß seien. Mit stellenorientierten sozialen Netzwerken wie Xing und LinkedIn gehen viele junge Menschen bevorzugt auf die Suche nach dem passenden Arbeitgeber, indem sie dort – gegenteilig zur Anonymität – genau zeigen wollen, wer sie sind. So wird auch andersherum argumentiert: Firmen mit anonymen Bewerbungsverfahren könnten explizit diese Bewerber vergraulen.

Die anonyme Bewerbung als Gesetz

In Frankreich existiert ein Gesetz, nach dem Unternehmen ab 50 Mitarbeitern das anonymisierte Bewerbungsverfahren durchführen müssen. Hierzulande schließt die Antidiskriminierungsstelle eine gesetzliche Regelung jedoch aus. Die Unternehmen sollen weiterhin selbst entscheiden können, auf welche Art sie für eine qualifizierte wie auch vielfältige Belegschaft sorgen wollen.

Weitere Informationen zur anonymisierten Bewerbung können Sie auf   www.hartz4hilfthartz4.de/anonyme-bewerbung/   nachlesen.